Skip to main content

Aus der Presse …

Ennetbadener Post: Ein Ofen mit Geschichte

 

Schon vor zwei Jahren hatten sich Steine im Ofengewölbe gelockert. Auf lange Sicht bestand die Gefahr, dass die Decke des Kachelofengewölbes einbricht. Für die Denkmalpflege war klar, dass man den aus der Zeit des französischen Königs Louis XVI. (1754-1793) stammenden Ofen unbedingt renovieren will. Denn das Schlössli – und mit ihm das ganze historische Interieur – steht seit 1947 unter Denkmalschutz. Auch die Eigentümer des Anwesens, Jodok und Andrea Wicki-Mäder, hatten alles Interesse daran, den wertvollen Heizkörper zu erhalten. Nicht nur aus kunsthistorischen Gründen: „Der Kachelofen gibt eine angenehme Wärme, die eine Zentralheizung nicht bieten kann.“

So einig man sich war, den Ofen zu renovieren, so geduldig musste man warten bis das Ansinnen realisiert werden konnte. Denn Fachleute, die solch eine Arbeit ausführen können, gibt es nicht viele. Zwar war der Fachmann bald gefunden. Doch nach einem ersten Augenschein, den Hafner Fredi Mathys im EnnetbadenerSchlössli 2009 vornahm, mussten Schlössli-Eigentümer und Denkmalpflege zwei Jahre warten, bis dieser mit der Arbeit beginnen konnte. Er war andernorts mit Restaurationsarbeiten beschäftigt – vor allem mit einem Grossauftrag des Zürcher Landesmuseums.

Als Fredi Mathys im Herbst dieses Jahres mit der Renovation des Ofens begann, ging er ganz systematisch vor: Er löste die Ofenkacheln einzeln aus dem Ofen, nummerierte sie und reinigte sie mit der Bürste in einem Wasserbad aus Lehm und Kieselsteinen. „Die Nummerierung ist unbedingt notwendig, damit der Ofen wieder genau so aufgebaut werden kann, wie er vorher war“, sagt Mathys. Nach Nummerierung und Reinigung der Kacheln wurden diese sorgfältig verpackt und fachgerecht gelagert. Denn jetzt musste Mathys das Brenngewölbe aus einzelnen Schamottesteinen neu aufbauen. Erst danach konnten die Kacheln wieder platziert werden. Die violette Ornamentsbemalung ist sehr dezent und entlang der Simse angebracht. Typisch für den Ofen ist die Urne, die ihn oben abschliesst. Dies ist die prunkvollste Ausschmückung des Ofens. Eher ungewöhnlich ist, dass der Heizkörper nicht über eine Sitzgelegenheit verfügt. Die meisten Kachelöfen aus dieser Zeit haben eine derartige Sitzgelegenheit.

Getragen wird der mehrere Tonnen schwere Ofen von einer Sandsteinplatte. Ein Feuerraum sorgt dafür, dass die Wärme im ganzen Haus zirkulieren und damit alle Zimmer beheizen kann. Er ist eine Art Gang, durch den die Wärme fliesst. Ein Teil dieses Ganges wird durch Flussbollensteine, die Fredi Mathys selbst in der Region der Thur gesammelt hat, aufgefüllt. Diese Bollensteine dienen der Wärmespeicherung. Der Gang sieht schliesslich wie ein Tunnel aus, da über den Flussbollensteinen ein Gewölbe angebracht wird.

Vor kurzem hat Fredi Mathys seine Arbeit in Ennetbaden beendet. Wie viel die Renovation gekostet hat, darüber schweigen sich die Beteiligten aus. Nur soviel: 15 Prozent der Kosten trägt die Denkmalpflege.
Die Familie Wicki-Mäder darf nun wieder die wohlige Wärme des über 200 Jahre alten Ofens geniessen. Und nicht nur das: Der historische Kachelofen dient der Hausfrau auch als Backofen für knuspriges Brot.


Der Hafner Fredi Mathys

Fredi Mathys – in Winterthur geboren und in Hettlingen ZH aufgewachsen – ist gelernter Maurer: Als er sich aber für Geschichte zu begeistern begann, absolvierte er in Aarau die Ausbildung zum Hafner (Ofenbauer). Heute lebt der 48-jährige mit seiner Familie in Seuzach bei Winterthur. Mathys gehört zu den bekanntesten Hafnern der Schweiz. Er hat schon zahlreiche geschichtlich wertvolle Öfen restauriert – zum Beispiel die beiden 300 Jahre alten Öfen der bekannten Hafner-Familie Pfau aus Winterthur: Diese hatte, als in Zürich zwischen 1694 und 1698 das Rathaus gebaut wurde, der Stadt zwei wertvolle Kachelöfen geschenkt. Sie stehen heute im Zürcher Landesmuseum.

Für die Restauration historischer Öfen ist Mathys schon durch die halbe Schweiz gereist. Er baute diverse Öfen ab und danach wieder auf – zum Beispiel den Turmofen aus dem 17. Jahrhundert im Fürstenzimmer des Klosters in Müstair GR. Die Klosteranlage gehört heute zum Weltkulturerbe der Unesco. Wenn Fredi Mathys Öfen restauriert – sagt er selbst -, könne man davon ausgehen, dass sie mindestens hundert weitere Jahre betriebsfähig sind.

Zum Artikel online