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Aus der Presse …

ZKB Magazin "Weit mehr als nur ein Ofen"

Fredi Mathys ist Hafner, Ofenbauer also, und Spezialist für historische Öfen. Sein privates Prunkstück wärmt nicht nur die Stube, sondern ist mit der gemütlichen Bank auch Lieblingssitzplatz der Familie.

TEXT Daniel Stehula; BILD Anne Morgenstern

Wenn Fredi Mathys ein Haus von aussen anschaut, kann er in der Regel sagen, ob sich darin ein Kachelofen befindet. Er hat ein Gespür dafür. Sein eigenes, ein altes Bauernhaus, steht im Dorfkern von Seuzach und stammt aus dem 18. Jahrhundert. Tenn und Scheune sind umgebaut, der Wohnteil ist renoviert. Und dort, in der Stube mit Holzwänden und zerfurchten Sichtbalken, steht das, was Mathys als das Herz des Hauses bezeichnet: der rund 400 Jahre alte dunkelgrüne Kachelofen.

Früher sassen die beiden Kinder von Mathys gerne auf der Ofenbank und lasen. Seine Frau backt heute noch regelmässig Brot und Meringues im Feuerraum, lässt Braten und Voressen darin schmoren. Fredi Mathys erinnert die besondere Heizung immer auch an seine Arbeit. Manchmal, wenn er auf der Ofenbank sitzt und die Wärme geniesst, ertappt er sich dabei, wie er einzelne Kacheln des Ofens ansieht, die nur scheinbar identisch sind. Das Muster ist zwar immer dasselbe. Aber von Hand hergestellt und bemalt, unterscheidet sich jede Fliese von der anderen. Dann stellt er sich vor, wie früher in Gerichtssälen, Wirtshäusern, Klöstern und Schlössern reich bemalte Kachelöfen standen – mit Motiven und Texten, die zum Standort passten: fromm, frivol oder auch mahnend den Zeigefinger hebend. «Vor 400 Jahren war das vielleicht fast so, wie wenn man heute Fernsehen schaut», sagt Mathys. Seinen grünen Bauernofen hat Mathys eigenhändig aufgebaut. Rund drei Monate arbeitete der Profi daran – denn ein Kachelofen hat ein ausgeklügeltes Innenleben. Dieses sorgt dafür, dass die Feuerhitze einer schnell verbrannten Beige Holzscheite gespeichert und erst nach und nach abgegeben wird. Bis zu 24 Stunden lang verströmt der Ofen so seine Wärme im Haus. Dies ist nicht nur gemütlich, sondern senkt auch die Heizkosten. Dass der Ofen heute im Wohnzimmer der Familie Mathys steht, ist ein glücklicher Zufall. Denn eigentlich hatte Mathys als Hafner den Auftrag gehabt, für den Zürcher Denkmalschutz einen Ofen im Nachbardorf abzubauen und zur Einlagerung vorzubereiten. Als er vor dem Prachtstück stand, sagte er zum Besitzer: «Der würde bei mir zu Hause gut aussehen.» Sein Glück: Der Zürcher Denkmalschutz stellt Objekte aus seinem Fundus zur Verfügung, wenn sie in ein Gebäude aus der entsprechenden Epoche passen.

Bei Mathys sind solch wärmende Zeitzeugen in guten Händen. Ihn ruft man, wenn sich ein Kachelofen wölbt oder wenn die Fliesen springen. Häufig sind dann zu viele der Bollersteine, die hinter den Kacheln liegen, heruntergefallen. Manchmal ist auch der Feuerraum in sich zusammengebrochen. In so einem Fall nimmt Mathys Kachel für Kachel herunter, löst Lehm und Steine aus den Zwischenräumen, baut den Ofen mit traditionellen Methoden wieder auf und bessert Schäden an den Fliesen aus. «So hält der Ofen wieder 400 Jahre.»